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Evaluation und Komplexität : Wirkungskonstruktion in der Evaluation von Gesundheitsförderung und Prävention

Ackermann, Günter. Evaluation und Komplexität : Wirkungskonstruktion in der Evaluation von Gesundheitsförderung und Prävention. 2015, Doctoral Thesis, University of Basel, Faculty of Humanities and Social Sciences.

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Official URL: http://edoc.unibas.ch/diss/DissB_11606

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Abstract

Die Gesundheitsförderung und Prävention steht zunehmend unter Druck, die Wirksamkeit ihrer Projekte und Programme nachweisen zu müssen. In der einschlägigen Literatur wird derzeit eine enga-gierte Debatte über Evidenz und die ‚richtige‘ Evaluationsform für Wirkungsbeurteilungen in diesem Handlungsfeld geführt. Randomisierte kontrollierte Studien, welche sich in der evidenzbasierten Medizin als ‚Goldstandard‘ der Wirksamkeitsforschung etabliert haben, werden für die Evaluierung von Interventionen der Gesundheitsförderung und Prävention weitgehend als unangemessen zurückgewiesen, weil sie der Komplexität der Interventionen nicht gerecht würden. Auf der Suche nach Alternativen zum Forschungsverständnis der evidenzbasierten Medizin werden Rufe nach soziologischen und systemtheoretischen Ansätzen laut.
Diese Arbeit befasst sich eingehend mit der Komplexität sozialer Systeme und reflektiert auf der Grundlage der Komplexitäts- und der soziologischen Systemtheorie den Umgang von Wirkungsevaluation mit der Komplexität der von ihr untersuchten sozialen Systeme. In einer an die Grounded Theory angelehnten empirischen Untersuchung wurden neun Schlussberichte über Evaluationen von Gesundheitsförderungs- und Präventionsprojekten vertieft inhaltsanalytisch ausgewertet und unterschiedliche Strategien des Umgangs mit Komplexität herausgearbeitet.
Wirkungsnachweise zeigen sich dabei als soziale Konstruktionen der Evaluation im Spannungsfeld zwischen Auftrag Gebenden, der Wissenschaft und der Praxis. Bei der Wirkungskonstruktion hat die Evaluation einen grossen Handlungsspielraum. Sie fällt bei der Eingrenzung, Erfassung und Verarbeitung von Komplexität sowie bei der Wirkungsbeurteilung laufend Entscheide, welche die Wirkungs-konstruktion und damit die nachgewiesenen Wirkungen beeinflussen. Wirkungsevaluation bewegt sich immer im Spannungsfeld zwischen Einfachheit, die Wichtiges vernachlässigt, und Komplexität, die nicht mehr zu bewältigen ist. In der Arbeit wird dieses Handlungsspektrum detailliert herausgearbeitet und es wird gezeigt, mit welchen Strategien Evaluationen Komplexität einerseits breit erfassen und andererseits stark reduzieren.
Wirkungsnachweise werden in der Evaluationspraxis auch, aber nicht alleine über randomisierte kontrollierte Studien erbracht. Neben kontrafaktischen Vergleichen werden Wirkungsaussagen vor allem mittels detaillierter Rekonstruktion von Wirkungszusammenhängen begründet. Gut gemachte (quasi-) experimentelle Studien können auf einer übergeordneten Ebene wertvolle Hinweise auf das Wirkungspotenzial von Interventionen geben. Da sie allerdings kaum Rückschlüsse auf die Wirkungsrelevanz zielgruppen-, kontext- oder interventionsspezifischer Besonderheiten ermöglichen und keine Erkenntnisse über differenzierte Wirkungsmechanismen und über nicht vorhersehbare Nebenwirkungen liefern, sind sie für fundiertes Entscheiden und Handeln in der Gesundheitsförderung und Prävention nur begrenzt tauglich. Hier bieten sich komplexitätssensible Evaluationen an, um über die Herausarbeitung von Wirkungsmechanismen fundierte Aussagen über die Wirksamkeit von Interventionen und differenziertes steuerungsrelevantes Wissen zu generieren. Auf der Basis der theoretischen und empirischen Erkenntnisse wird hier für einen Mittelweg plädiert zwischen Positionen, die experimentelle Studien grundsätzlich als ‚Goldstandard‘ für Wirkungsevaluationen proklamieren und Positionen, die diese Studien als unangemessen für die Gesundheitsförderung und Prävention zurückweisen. Um zu aussagekräftigen und möglichst plausiblen Wirkungsbeurteilungen zu gelangen, bietet es sich an, kontrafaktische Vergleiche und detaillierte Rekonstruktionen von Wirkungszusammenhängen zu kom-binieren. Iterative Prozesse der Ausweitung und Reduktion von Komplexität erscheinen vielversprechend, um wirkungsrelevante Struktur- und Prozessmerkmale zu erkennen, intermediäre Wirkungsbeiträge zu erfassen, den Beitrag einer Intervention zu einer beobachteten Gesamtveränderung abzuschätzen und so zu einer plausiblen übergeordneten Wirkungsbeurteilung zu gelangen.
Advisors:Bergman, Manfred Max and Cattacin, Sandro
Faculties and Departments:04 Faculty of Humanities and Social Sciences > Departement Gesellschaftswissenschaften > Fachbereich Soziologie > Sozialforschung und Methodologie (Bergman)
UniBasel Contributors:Bergman, Manfred Max
Item Type:Thesis
Thesis Subtype:Doctoral Thesis
Thesis no:11606
Thesis status:Complete
Number of Pages:1 Online-Ressource (269 Seiten)
Language:German
Identification Number:
edoc DOI:
Last Modified:22 Jan 2018 15:52
Deposited On:04 Apr 2016 10:05

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