Medau, Irina. Behandlungsfehler in der Psychotherapie : qualitative Untersuchung und ethische Analyse anhand einer Interviewstudie. 2014, Doctoral Thesis, University of Basel, Faculty of Medicine.
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Official URL: http://edoc.unibas.ch/diss/DissB_10956
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Abstract
Behandlungsfehler in der Psychotherapie wurden bisher wenig erforscht. Im Folgenden wurden Psychotherapeuten im Rahmen einer qualitativen Studie zur Definition und Kategorisierung von Fehlern, ihrem Umgang mit eigenen Fehlern, den Fehlern von Kollegen sowie ihrer ethischen Einschätzung diesbezüglich befragt. Dazu wurden 30 semistrukturierte Interviews mit approbierten Psychotherapeuten durchgeführt und anhand der Qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet.
Eine empirisch gestützte Kategorisierung von Behandlungsfehlern stellt einen ersten Schritt dar, um sich evidenzbasierten ethischen Empfehlungen zum Umgang mit solchen Fehlern zu nähern. Die beschriebenen, alltäglich auftretenden Behandlungsfehler konnten in technische, normative, Einschätzungs- und Systemfehler klassifiziert werden. Technische und Einschätzungsfehler wurden häufig als reversibel angesehen; wohingegen das Versäumnis, einen Fehler zu korrigieren, als Hauptfehler betrachtet wurde. Bei normativen Fehlern sei am ehesten mit Vertrauensverlust und Therapieabbruch zu rechnen, ebenso mit rechtlichen oder berufspolitischen Konsequenzen. Für Systemfehler seien berufspolitische Änderungen nötig. Häufig resultiere erst durch die fehlende Korrektur eines (alltäglichen) Fehlers ein Behandlungsfehler, der Konsequenzen hat (z.B. Scheitern der Therapie).
Zum Umgang mit Fehlern zeigen die Ergebnisse, dass die Befragten zu der Empfehlung tendieren, Psychotherapiepatienten in passender Form über Behandlungsfehler aufzuklären und in die entstehenden Konsequenzen einzubeziehen. Die Fehleroffenlegung resultiere mehrheitlich in positiven Erfahrungen. Kollegenfehler werden supervisorisch angesprochen und in gravierenden Fällen angezeigt. In der Therapiepraxis scheint eine konstruktive und transparente Fehlerkultur zu überwiegen. Häufig resultiert erst durch die fehlende Korrektur eines (alltäglichen) Fehlers ein Behandlungsfehler, der Konsequenzen hat (z.B. Scheitern der Therapie). Um diesem entgegenzuwirken, zeichnet sich eine Befürwortung für eine passende Form der Patientenaufklärung über Fehler ab. Die Aufgeschlossenheit von Psychotherapeuten gegenüber einer transparenten, konstruktiven Fehlerkultur kann als wesentliche Voraussetzung für Fehlerprävention gesehen werden.
In der ethischen Analyse der Ergebnisse wurde gefragt, wie Psychotherapeuten (PT) den Umgang mit Fehlern (sowohl eigenen als auch Kollegenfehlern) ethisch begründen und einstufen. Dazu wurden die Aussagen der PT rekonstruiert und anhand des inhaltsanalytischen Vorgehens den Prinzipien von Beauchamp und Childress und Lindsay et al nach kategorisiert. Sowohl die Prinzipien von Beauchamp und Childress (B&Ch) als auch die Prinzipien von Lindsay et al (L) stellten passende Kategorien für diesen inhaltsanalytischen Prozess dar. Die Prinzipien Respekt für Autonomie (B&Ch) und Respekt (L), Nicht-Schaden (B&Ch) und Verantwortung (L) sowie Beneficence (B&Ch) und Kompetenz (L) konnten teilweise zur Kategorisierung der gleichen Aussagen genutzt werden; hier liegen inhaltliche Überschneidungen vor. Das Prinzip der Integrität (L), welches kein Pendant bei den Prinzipien von Beauchamp und Childress hat, stellt eine hilfreiche zusätzliche Kategorie dar. Die Betonung der befragten PT von Patientenautonomie und Fürsorge erscheint ethisch vertretbar und die beiden Prinzipien sollten im Konfliktfall individuell in jeder Situation abgewogen werden.
Eine empirisch gestützte Kategorisierung von Behandlungsfehlern stellt einen ersten Schritt dar, um sich evidenzbasierten ethischen Empfehlungen zum Umgang mit solchen Fehlern zu nähern. Die beschriebenen, alltäglich auftretenden Behandlungsfehler konnten in technische, normative, Einschätzungs- und Systemfehler klassifiziert werden. Technische und Einschätzungsfehler wurden häufig als reversibel angesehen; wohingegen das Versäumnis, einen Fehler zu korrigieren, als Hauptfehler betrachtet wurde. Bei normativen Fehlern sei am ehesten mit Vertrauensverlust und Therapieabbruch zu rechnen, ebenso mit rechtlichen oder berufspolitischen Konsequenzen. Für Systemfehler seien berufspolitische Änderungen nötig. Häufig resultiere erst durch die fehlende Korrektur eines (alltäglichen) Fehlers ein Behandlungsfehler, der Konsequenzen hat (z.B. Scheitern der Therapie).
Zum Umgang mit Fehlern zeigen die Ergebnisse, dass die Befragten zu der Empfehlung tendieren, Psychotherapiepatienten in passender Form über Behandlungsfehler aufzuklären und in die entstehenden Konsequenzen einzubeziehen. Die Fehleroffenlegung resultiere mehrheitlich in positiven Erfahrungen. Kollegenfehler werden supervisorisch angesprochen und in gravierenden Fällen angezeigt. In der Therapiepraxis scheint eine konstruktive und transparente Fehlerkultur zu überwiegen. Häufig resultiert erst durch die fehlende Korrektur eines (alltäglichen) Fehlers ein Behandlungsfehler, der Konsequenzen hat (z.B. Scheitern der Therapie). Um diesem entgegenzuwirken, zeichnet sich eine Befürwortung für eine passende Form der Patientenaufklärung über Fehler ab. Die Aufgeschlossenheit von Psychotherapeuten gegenüber einer transparenten, konstruktiven Fehlerkultur kann als wesentliche Voraussetzung für Fehlerprävention gesehen werden.
In der ethischen Analyse der Ergebnisse wurde gefragt, wie Psychotherapeuten (PT) den Umgang mit Fehlern (sowohl eigenen als auch Kollegenfehlern) ethisch begründen und einstufen. Dazu wurden die Aussagen der PT rekonstruiert und anhand des inhaltsanalytischen Vorgehens den Prinzipien von Beauchamp und Childress und Lindsay et al nach kategorisiert. Sowohl die Prinzipien von Beauchamp und Childress (B&Ch) als auch die Prinzipien von Lindsay et al (L) stellten passende Kategorien für diesen inhaltsanalytischen Prozess dar. Die Prinzipien Respekt für Autonomie (B&Ch) und Respekt (L), Nicht-Schaden (B&Ch) und Verantwortung (L) sowie Beneficence (B&Ch) und Kompetenz (L) konnten teilweise zur Kategorisierung der gleichen Aussagen genutzt werden; hier liegen inhaltliche Überschneidungen vor. Das Prinzip der Integrität (L), welches kein Pendant bei den Prinzipien von Beauchamp und Childress hat, stellt eine hilfreiche zusätzliche Kategorie dar. Die Betonung der befragten PT von Patientenautonomie und Fürsorge erscheint ethisch vertretbar und die beiden Prinzipien sollten im Konfliktfall individuell in jeder Situation abgewogen werden.
Advisors: | Reiter-Theil, Stella |
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Committee Members: | Jox, R. |
Faculties and Departments: | 03 Faculty of Medicine > Departement Public Health > Ehemalige Einheiten Public Health > Medizin- und Gesundheitsethik (Reiter-Theil) |
UniBasel Contributors: | Reiter-Theil, Stella |
Item Type: | Thesis |
Thesis Subtype: | Doctoral Thesis |
Thesis no: | 10956 |
Thesis status: | Complete |
Number of Pages: | 80 Bl. |
Language: | German |
Identification Number: |
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edoc DOI: | |
Last Modified: | 22 Apr 2018 04:31 |
Deposited On: | 18 Nov 2014 12:25 |
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