Carl, Thomas. Chemie auf Distanz: reduktiver Elektronentransport in DNA. 2004, Doctoral Thesis, University of Basel, Faculty of Science.
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Official URL: http://edoc.unibas.ch/diss/DissB_6784
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Abstract
Während der oxidative Lochtransfer (Wanderung einer positiven Ladung) mechanistisch
weitgehend aufgeklärt wurde, ist bisher sehr wenig bekannt über den Transport negativer
Ladung durch den DNA Duplex. In der vorliegenden Arbeit wird über die Injektion und den
Transport eines Überschusselelektrons in DNA berichtet. Zur Untersuchung des
Elektronentransferprozesses wurde ein neuartiges Injektionssystem A (T*) entwickelt, das in
der Lage ist, ortsselektiv ein einzelnes Elektron freizusetzten und dieses auf den DNABasenstapel
zu übertragen. Das Prinzip der Elektroneninjektion beruht in dem hier
vorgestellten System auf dem weniger negativen Redoxpotential der am leichtesten zu
reduzierenden Nukleobase Thymin im Vergleich zu Dialkylketonen. Durch die in einer
Norrish I Reaktion photochemisch angeregte Generierung des Ketylradikals B und des
Ketylradikalanions C aus der Pivaloyl-Einheit des Injektormoleküls ist es möglich, ein
Elektron auf die benachbarte Nukleobase zu übertragen (Abb. A). Durch Modellsysteme wurde in dieser Arbeit nachgewiesen, dass der Injektionsvorgang im
Falle des Thymidins effizient und mit hoher Geschwindigkeit (kInj > 107 s-1) vor sich geht. Das
nach der Ladunginjektion gebildete Thymidin-Radikalanion ist als intermediärer Ladungsträger Ausgangspunkt für den weiteren Transport des Elektrons zum endgültigen
Elektronenakzeptor. Der Vorteil einer Ein-Elektronen-Reduktion eröffnete mit dieser neuen
Methode die Möglichkeit bislang postulierte, aber bei der chemischen Untersuchung von
Ladungstransferprozessen nicht nachgewiesene Zwischenstufen spektroskopisch sichtbar zu
machen. So konnte in dieser Doktorarbeit erstmals die Existenz eines Thymyl-Radikals, das
während des Hopping-Vorgangs des Überschusselektrons vom Donor über die Thyminbasen
zum Akzeptor generiert wird, mittels ESR-Spektroskopie dokumentiert werden.
Die Detektion des Elektronentransferprozesses in DNA wurde mit der Spaltung eines
Thymidindimers realisiert. Thymidindimere sind oxidative DNA-Schädigungen, die
enzymatisch durch DNA-Photolyasen repariert werden. Grundlage dieser Reparatur ist eine
Ein-Elektronen-Reduktion des Dimers, die in einer Spaltung in die Monomere resultiert (Abb.
B). Der Transfer eines Überschusselektrons löst eine spontane Cycloreversion des Dimers aus,
was im DNA-Duplex zu einer Strangspaltung führt. Experimente mit den in Abb. C
dargestellten Doppelsträngen belegten einen effizienten Ladungstransfer über (A:T)-
Basenpaare. Die geringe Abnahme der Spaltausbeute von 15 auf 5% über mehrere (A:T)- Basenpaare steht im Einklang mit einem mehrstufigen Hopping-Mechanismus des Elektrons
über Thyminbasen. Es stellte sich heraus, dass die Basensequenz einen großen Einfluss auf die Effizienz der
Ladungsübertragung hatte. Bei der Substitution eines (A:T)-Basenpaares durch ein (G:C)-
Basenpaar oder durch den Einbau einer künstlichen Nukleobase ohne Akzeptoreigenschaften
sank die Ausbeute um den Faktor 10.
Durch den Einbau eines zweiten Thymidindimers als weiteres Detektorsystem konnten die
katalytischen Eigenschaften des Überschusselektrons bei seiner Reise durch den DNA-Duplex
unter Beweis gestellt werden. Das Elektron bewirkt dabei eine Cycloreversion der ersten
Schädigung und wandert weiter zum nächsten Dimer, das ebenfalls gespalten wird (Abb. D). Aus der Konkurrenz zwischen der Spaltung eines Dimers und der fortschreitenden
Elektronenwanderung in der DNA konnte eine Mindestgeschwindigkeit des negativen
Ladungstransfers von kET > 109 s-1 bestimmt werden. Aus der Produktverteilung der
zweifachen Dimerspaltung konnte man darüber hinaus Erkenntnisse über die Richtung des
Elektronentransfers gewinnen. Aufgrund struktureller Deformationen an der 5'-Seite des
Thymidindimers ist eine Elektronenaufnahme über diesen Teil des Moleküls erschwert, es
erfolgt daher eine bevorzugte Wanderung des Überschusselektrons in die 3'-Richtung.
Die in dieser Doktorarbeit durchgeführten Experimente konnten zeigen, dass das neu
entwickelte System T* / T-Dimer ein wirkungvolles Instrument zur Untersuchung reduktiver
Elektronentransferprozesse in DNA darstellt. Neben der selektiven Elektroneninjektion war
der wichtigste Faktor, den Effekt eines einzelnen Elektrons beobachten zu können. Dadurch
waren sowohl die Nachweise intermediärer Zwischenstufen als auch der katalytischen
Fähigkeiten eines Elektrons möglich.
weitgehend aufgeklärt wurde, ist bisher sehr wenig bekannt über den Transport negativer
Ladung durch den DNA Duplex. In der vorliegenden Arbeit wird über die Injektion und den
Transport eines Überschusselelektrons in DNA berichtet. Zur Untersuchung des
Elektronentransferprozesses wurde ein neuartiges Injektionssystem A (T*) entwickelt, das in
der Lage ist, ortsselektiv ein einzelnes Elektron freizusetzten und dieses auf den DNABasenstapel
zu übertragen. Das Prinzip der Elektroneninjektion beruht in dem hier
vorgestellten System auf dem weniger negativen Redoxpotential der am leichtesten zu
reduzierenden Nukleobase Thymin im Vergleich zu Dialkylketonen. Durch die in einer
Norrish I Reaktion photochemisch angeregte Generierung des Ketylradikals B und des
Ketylradikalanions C aus der Pivaloyl-Einheit des Injektormoleküls ist es möglich, ein
Elektron auf die benachbarte Nukleobase zu übertragen (Abb. A). Durch Modellsysteme wurde in dieser Arbeit nachgewiesen, dass der Injektionsvorgang im
Falle des Thymidins effizient und mit hoher Geschwindigkeit (kInj > 107 s-1) vor sich geht. Das
nach der Ladunginjektion gebildete Thymidin-Radikalanion ist als intermediärer Ladungsträger Ausgangspunkt für den weiteren Transport des Elektrons zum endgültigen
Elektronenakzeptor. Der Vorteil einer Ein-Elektronen-Reduktion eröffnete mit dieser neuen
Methode die Möglichkeit bislang postulierte, aber bei der chemischen Untersuchung von
Ladungstransferprozessen nicht nachgewiesene Zwischenstufen spektroskopisch sichtbar zu
machen. So konnte in dieser Doktorarbeit erstmals die Existenz eines Thymyl-Radikals, das
während des Hopping-Vorgangs des Überschusselektrons vom Donor über die Thyminbasen
zum Akzeptor generiert wird, mittels ESR-Spektroskopie dokumentiert werden.
Die Detektion des Elektronentransferprozesses in DNA wurde mit der Spaltung eines
Thymidindimers realisiert. Thymidindimere sind oxidative DNA-Schädigungen, die
enzymatisch durch DNA-Photolyasen repariert werden. Grundlage dieser Reparatur ist eine
Ein-Elektronen-Reduktion des Dimers, die in einer Spaltung in die Monomere resultiert (Abb.
B). Der Transfer eines Überschusselektrons löst eine spontane Cycloreversion des Dimers aus,
was im DNA-Duplex zu einer Strangspaltung führt. Experimente mit den in Abb. C
dargestellten Doppelsträngen belegten einen effizienten Ladungstransfer über (A:T)-
Basenpaare. Die geringe Abnahme der Spaltausbeute von 15 auf 5% über mehrere (A:T)- Basenpaare steht im Einklang mit einem mehrstufigen Hopping-Mechanismus des Elektrons
über Thyminbasen. Es stellte sich heraus, dass die Basensequenz einen großen Einfluss auf die Effizienz der
Ladungsübertragung hatte. Bei der Substitution eines (A:T)-Basenpaares durch ein (G:C)-
Basenpaar oder durch den Einbau einer künstlichen Nukleobase ohne Akzeptoreigenschaften
sank die Ausbeute um den Faktor 10.
Durch den Einbau eines zweiten Thymidindimers als weiteres Detektorsystem konnten die
katalytischen Eigenschaften des Überschusselektrons bei seiner Reise durch den DNA-Duplex
unter Beweis gestellt werden. Das Elektron bewirkt dabei eine Cycloreversion der ersten
Schädigung und wandert weiter zum nächsten Dimer, das ebenfalls gespalten wird (Abb. D). Aus der Konkurrenz zwischen der Spaltung eines Dimers und der fortschreitenden
Elektronenwanderung in der DNA konnte eine Mindestgeschwindigkeit des negativen
Ladungstransfers von kET > 109 s-1 bestimmt werden. Aus der Produktverteilung der
zweifachen Dimerspaltung konnte man darüber hinaus Erkenntnisse über die Richtung des
Elektronentransfers gewinnen. Aufgrund struktureller Deformationen an der 5'-Seite des
Thymidindimers ist eine Elektronenaufnahme über diesen Teil des Moleküls erschwert, es
erfolgt daher eine bevorzugte Wanderung des Überschusselektrons in die 3'-Richtung.
Die in dieser Doktorarbeit durchgeführten Experimente konnten zeigen, dass das neu
entwickelte System T* / T-Dimer ein wirkungvolles Instrument zur Untersuchung reduktiver
Elektronentransferprozesse in DNA darstellt. Neben der selektiven Elektroneninjektion war
der wichtigste Faktor, den Effekt eines einzelnen Elektrons beobachten zu können. Dadurch
waren sowohl die Nachweise intermediärer Zwischenstufen als auch der katalytischen
Fähigkeiten eines Elektrons möglich.
Advisors: | Giese, Bernd |
---|---|
Committee Members: | Woggon, Wolf-Dietrich |
Faculties and Departments: | 05 Faculty of Science > Departement Chemie > Former Organization Units Chemistry > Bioorganische Chemie (Giese) |
UniBasel Contributors: | Giese, Bernd and Woggon, Wolf-Dietrich |
Item Type: | Thesis |
Thesis Subtype: | Doctoral Thesis |
Thesis no: | 6784 |
Thesis status: | Complete |
Number of Pages: | 150 |
Language: | German |
Identification Number: |
|
edoc DOI: | |
Last Modified: | 05 Apr 2018 17:31 |
Deposited On: | 13 Feb 2009 14:49 |
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