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Eigenschaften und Einsatzmoeglichkeiten von Aerogelfenstern : im Vergleich mit konventionellen sowie evakuierten Fenstern

Reber, Georges. Eigenschaften und Einsatzmoeglichkeiten von Aerogelfenstern : im Vergleich mit konventionellen sowie evakuierten Fenstern. 1991, Doctoral Thesis, University of Basel, Faculty of Science.

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Official URL: http://edoc.unibas.ch/diss/DissB_1973

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Abstract

Obwohl Aerogele schon seit etwa 1930 bekannt sind [Kis 31 und Kis 32], rückte dieses
Material erst in neuerer Zeit wieder in den Mittelpunkt des Interesses: Seine mikroporöse
Struktur verleiht ihm hervorragende isolierende Eigenschaften bei gleichzeitig hoher Transparenz.
Anwendungen in transparenten Wärmedämmungen oder in hochisolierenden Fenstersystemen
drängen sich damit auf.
Im einführenden Abschnitt 1 wird versucht, die Stellung des Fensters und seine energetische
Bewertung näherzubringen. Es wird gezeigt, dass evakuierte Fenster oder Zweischeibenverglasungen
mit Aerogelfüllung in energetischer hinsicht interessante Alternativen
zu konventionellen Verglasungen darstellen. Dazu werden schon zahlreiche Resultate dieser
Arbeit zusammenfassend vorweggenommen.
In Abschnitt 2 wird auf die Herstellungsverfahren, die Struktur und die Eigenschaften,
wie sie sich aus der neueren Aerogelforschung ergeben, eingegangen. Die Herstellung der
Aerogele umfasst zwei Hauptschritte: Die Herstellung eines Geles und dessen überkritische
Trocknung. Die Struktureigenschaften werden dabei durch die Chemie der Ausgangsprodukte
und durch den ganzen Verlauf des Herstellungsvorganges gesteuert.
Zur Ermittlung der Struktureigenschaften stehen neben den Standardverfahren wie
Quecksilberporosimetrie und Stickstoff-Adsorption auch direkte Beobachtungstechniken zur
Verfügung. So konnte mit REM-Aufnahmen leicht eine obere Grenze für die Grösse der
Struktureinheiten angegeben werden. Es wurde jedoch im Elektronenstrahl eine Sinterung und
damit eine Vergrösserung der Teilchen beobachtet. Eine neuere Möglichkeit, Strukturparameter
zu extrahieren, ist die Kleinwinkelstreuung und die Interpretation der Streudaten aus
der Sicht der fraktalen Geometrie.
Aus der Struktur von Aerogel ergeben sich eine Reihe von erstaunlichen Eigenschaften
und Anwendungen, auf die in Abschnitt 2 ebenfalls eingegangen wird. Dabei wird insbesondere
auch auf die Anwendung von Aerogel in Fenstersystemen und in transparenten Wärmedämmungen
eingegangen.
In Abschnitt 3 werden die Kenngrössen zur energetischen Bewertung von Fenstern
genau definiert und deren Auswirkung auf das energetische Verhalten diskutiert. Im weiteren
werden die Grundlagen zur Berechnung dieser Kenngrössen für konventionelle Fenster erarbeitet.
Daraus ergibt sich eine Darstellung der Strategien zur Stopfung des Wärmelecks bei
Fenstern und eine zusammenfassende Darstellung der Glaskenngrössen für konventionelle
Verglasungen.
Danach besitzt eine Zweifachverglasung aus Normalglas einen k-Wert von
2,79 W/m²K und einen g-Wert von 0,76. Durch Verwendung einer IR-Verspiegelung und
einer Argonfüllung sinkt der k-Wert auf 1,46 W/m²K bei einem g-Wert von 0,63. Als wesentlicher Beitrag zur Verringerung des Wärmetransportes erweist sich dabei die Reduktion
des Strahlungsbeitrages. Als eigentliches Energiesparfenster kann eine Dreifachverglasung
mit zweifacher IR-Beschichtung und Kryptonfüllung gelten. Man erzielt damit einen k-Wert
von 0,71 W/m²K bei einem g-Wert von 0,48.
In Abschnitt 4 erfolgt eine Erweiterung des konventionellen Fenstermodelles auf
evakuierte Fenster. Die Grundidee bei evakuierten Fenstern ist die, dass nach einer effizienten
Verringerung des Strahlungstransportes durch IR-Verspiegelung nun auch der Leitungs-Konvektionsanteil
abgesenkt werden soll. Das erweiterte Modell stützt sich deshalb auf eine
genaue Betrachtung der effektiven Wärmeleitfähigkeit des Füllgases in Abhängigkeit des
Scheibeninnendruckes. Zusätzlich muss auch die Wärmebrückenwirkung der jetzt erforderlichen
Distanzhalter einbezogen werden. Das erweiterte Modell wurde experimentell verifiziert
an Fenstersystemen mit grossem (50 mm) und solchen mit kleinem (0,32 mm) Scheibenabstand.
Dabei ergab sich eine gute Übereinstimmung.
Das Problem der Handhabung grosser evakuierter Volumina (Implosionsgefahr!) legen
die Verwendung von kleinen Scheibenabständen nahe. Kleine Scheibenabstände haben
zudem den Vorteil, dass sehr kleine, praktisch unsichtbare Distanzhalter verwendet werden
können, jedoch den Nachteil, weit kritischer auf Lecks zu reagieren.
Um den Leitungsanteil des Füllgases zum Verschwinden zu bringen, sind Drucke unterhalb
10-3 mbar erforderlich. Für die Aufrechterhaltung solcher Vakua über Jahrzehnte
müssten Metall- oder Glasrandverbundsysteme entwickelt werden, die derzeit technisch noch
nicht verfügbar sind.
Bei grossen Scheibenabständen ist die durch Absenkung des Gasdruckes erzielbare
Reduktion des k-Wertes vorwiegend auf die Vermeidung der Konvektion zurückzuführen.
Dazu reichen vergleichsweise bescheidene Vakua unterhalb 100 mbar aus. Die Anforderungen
an solche Randverbundsysteme wären damit weniger hoch.
Wenn die Wärmebrückenwirkung der Distanzhalter minimiert werden kann, sind k-
Werte in der Nähe an der durch die Strahlung gegebenen Grenze von 0,5 W/m²K denkbar. Da
das solare Transmissionsvermögen gegenüber konventionellen Zweischeibenverglasungen
nicht vermindert wird, erzielt man damit vergleichbare g-Werte (0,63 und darüber).
In Abschnitt 5 wird die Anwendung von Aerogel in Fenstern untersucht. Auf Grund
seiner mikroporösen Struktur und der Eigenschaft, in dem bei Fensterapplikationen relevanten
Temperaturbereich IR-Strahlung wirkungsvoll zurückzuhalten, besitzt Aerogel hervorragende
isolierende Eigenschaften. Eine weitere Reduktion ist gar noch möglich, wenn das
Porengas evakuiert wird. Dazu genügt freilich ein Absenken des Druckes unterhalb 50 mbar,
da bei der kleinen Porengrösse der Knudseneffekt schon bei Normaldruck eintritt und die
Gasleitung schon dort reduziert erscheint. Die Beschreibung des Wärmetransportes in Aerogel erweist sich als sehr kompliziert,
da die Wärmetransportmechanismen gekoppelt erscheinen. Jedoch gelingt es mit einem halbempirischen
Modell nach [Cap 85], das experimentelle Verhalten gut wiederzugeben. Aus
dem Vergleich mit den Messungen erhält man als Modellparameter für die Gerüstleitung lS =
8 mW/mK. Bei der uns zur Verfügung stehenden Aerogelqualität (r = 160 - 200 kg/m³) wird
damit der Wärmetransport durch die Gerüstleitung dominiert. Verringern liesse sich dieser
Gerüstleitungsanteil durch Verwendung von Aerogel geringerer Dichte, doch muss dort durch
die verringerte Extinktion ein erhöhter Strahlungsanteil in Kauf genommen werden. In dem
sich so ergebenden Optimierungsproblem müssten auch Fragen der Festigkeit und der
Transparenz miteinbezogen werden.
Da Aerogel in dem für Fenster wichtigen Temperaturbereich IR-Strahlung wirkungsvoll
zurückhält, kann auf eine IR-Verspiegelung der Glasscheiben verzichtet werden. Eine erhebliche
Wirksamkeit einer reduzierten Randemissivität kann erst erwartet werden, wenn
zwischen Aerogel und Glasscheibe ein Luftspalt eingefügt wird, wodurch eine Entkopplung
von Strahlung und Leitung eintritt.
Mit der uns zur Verfügung stehenden Aerogelqualität erzielt man bei 13 mm Dicke
einen k-Wert von 0,99 W/m²K (Argon 0,89 W/m²K). Wird das Fensterelement evakuiert, so
sinkt der k-Wert auf 0,69 W/m²K. Eine gleiche Reduktion erhält man auch in Aerogelfensterelementen
mit zwei Luftspalten (je 12 mm) und einfacher IR-Verspiegelung.
Weniger herausragend sind die optischen Eigenschaften der verfügbaren Aerogelqualität.
Während sich das solare Transmissionsvermögen noch in einem zu einer IR-verspiegelten
Zweischeibenverglasung vergleichbaren Rahmen bewegt, sind bei der visuellen
Transparenz durch Rayleigh-Streuung gewisse Einbussen in Kauf zu nehmen. Sie führt zu
einem bläulichen Schimmer vor dunklem Hintergrund; eine weisse Fläche erscheint in der
Durchsicht blass gelblich, da nun ein gewisser Anteil am blauen Ende des Spektrums fehlt.
Die bisher verfügbaren Aerogelblöcke vermögen daher den gewohnten hohen Ansprüchen,
die heute an die visuelle Transparenz von Fenstern gestellt werden, (noch) nicht zu genügen.
Denkbar ist daher vorläufig der Einsatz von Aerogel in Oberlichtern und in transparenten
Wärmedämmungen.
Denselben Anwendungsbereich muss auch Aerogelgranulatfenstern zugeordnet werden,
dessen Eigenschaften ebenfalls untersucht werden. So erzielten wir mit einer Aerogelgranulatschüttung
von 20 mm Dicke einen k-Wert von 0,84 W/m²K (Argon 0,76 W/m²K).
Durch Evakuieren fällt der k-Wert auf 0,49 W/m²K, wobei jetzt aber Drucke unterhalb
1/10 mbar erforderlich sind, da der Knudseneffekt in den Luftzwischenräumen zwischen den
Aerogelkügelchen erst später eintritt.
Die Reflexion der Strahlung an den vielen Einzelkügelchen führt als zusätzlicher
Streueffekt dazu, dass die Durchsicht verloren geht. Darunter leidet vor allem das Transmissionsvermögen im visuellen Bereich; insbesondere bei zunehmendem Einfallswinkel fällt die
Transmission daher relativ rasch auf Null ab.
Der g-Wert (g = tS + qi) liegt bei Aerogelfenstern um 0,6. Er kann durch Verwendung
von eisenarmem Glas und damit einhergehender Verbesserung der Transmission noch etwas
erhöht werden.
Die bisher verfügbare Aerogelqualität zeigt zwar ausreichende Festigkeit bei reinen
Druckbelastungen auf, jedoch führen Biege- und Scherbeanspruchungen leicht zum Bruch.
Um Bruch zu vermeiden, sind bei Herstellung, Konstruktion, Transport und Einsatz von
Aerogelfenstern entsprechende Massnahmen zu treffen.
Der abschliessende Abschnitt 6 ist schliesslich simultanen thermogravimetrischenmassenspektrometrischen
Messungen an Aerogel gewidmet. Damit können die flüchtigen
Stoffarten untersucht werden, die von der bemerkenswert hohen spezifischen Oberfläche
desorbiert werden. Ein Grossteil davon ist wegen seiner Polarität Wasser.
Will man das isolierende Potential von Aerogel durch Evakuieren voll nutzen, so kann
das Ausgasen dieser flüchtigen Stoffarten zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Einhaltung
eines gegebenen Druckes führen: Wird Aerogel vom Rand her evakuiert, so beobachtet man
lange Evakuationszeiten von Stunden und Tagen. Bestimmend für dieses Verhalten ist die
Diffusion, die bei einem porösen Adsorbens wie Aerogel über zwei Kanäle erfolgen kann: Die
Volumendiffusion (Gasströmung) und die Oberflächendiffusion entlang den Porenwänden.
Unter gewissen Annahmen kann das Problem zurückgeführt werden auf die Lösung einer
Diffusionsgleichung mit einem effektiven Diffusionskoeffizienten. Man erhält damit eine
Abschätzung für die Ausgasungszeit bei einem gegebenen Ausgasungsgrad. Danach sollten
lange Diffusionswege vermieden werden. Aerogel sollte deshalb schon vor dem Einbau in das
Fenstersystem von seiner ganzen Oberfläche her evakuiert werden. Die Entgasung wird
gefördert durch Erwärmung, wodurch der Bedeckungsgrad des Adsorptives innert nützlicher
Frist absinkt, sofern das Aerogel von seiner ganzen Fläche her einem Medium mit niedrigem
Partialdruck des Adsorptives ausgesetzt wird.
Es zeigt sich, dass atmosphärische Gase durch blosses Evakuieren entfernt werden
können. Zur vollständigen Austreibung des physisorbierten Wassers sind hingegen Temperaturen
gegen 100 °C notwendig. Bei höheren Temperaturen werden je nach Gasmedium auch
andere Stoffarten freigesetzt. Diese stammen von herstellungsbedingten Rückständen und aus
Sekundärreaktionen derselben. Für die Anwendung im Fensterbereich sind jedoch diese
Temperaturen nicht von Interesse. So tritt eine Verfärbung erst bei höheren Temperaturen
unter Sauerstoffmangel auf und kann auf unreagierten Kohlenstoff zurückgeführt werden.
Advisors:Güntherodt, Hans-Joachim
Committee Members:Plattner, Gian-Reto
Faculties and Departments:05 Faculty of Science > Departement Physik > Former Organization Units Physics > Experimentelle Physik (Güntherodt)
UniBasel Contributors:Güntherodt, Hans-Joachim
Item Type:Thesis
Thesis Subtype:Doctoral Thesis
Thesis no:1973
Thesis status:Complete
Number of Pages:120
Language:German
Identification Number:
edoc DOI:
Last Modified:22 Apr 2018 04:30
Deposited On:13 Feb 2009 14:35

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