Auswirkungen eines 6-wöchigen Slacklinetrainings auf Gleichgewicht und Sprungkraft bei Primarschülern

Hintergrund: Es liegt die Annahme nahe, dass in den Schulalltag integrierte Interventionen welche Gleichgewicht, Kraft und Ausdauer fördern positiv zu beurteilen sind, da angemessenes Bewegungsverhalten im Kindesalter mit grösserer Wahrscheinlichkeit zu einem gesünderen Lebensstil im Erwachsenenalter führt. Zielsetzung: Zur Verbesserung der posturalen Kontrolle und Kraftfähigkeit wurden in jüngster Zeit Slackline-Interventionen mit jungen Erwachsenen durchgeführt (Granacher et al., 2010a; Keller et al., 2011; Pfusterschmied et al., 2011). Vergleichbare Studien mit Primarschulkindern sind nicht vorhanden. Das Ziel der vorliegenden Studie ist die Untersuchung der Effekte eines täglichen, in der Schule veranstalteten Slackline-Trainings auf die statische und dynamische posturale Kontrolle sowie die Sprungkraft bei Kindern. Methodik: Zwei 4. Primarschulklassen des Schweizer Kantons Basel-Stadt (Interventionsgruppe, N = 21 vs. Kontrollgruppe, N = 13), (INT, Alter: 10.1 (SD 0.4) Jahre, Grösse: 1.39 (0.05) m, Gewicht: 33.1 (4.5) kg, wöchentliche Sportvereinaktivität (SV): 2.4 (1.9) h; KON, Alter: 10.0 (0.4) Jahre, Grösse: 1.40 (0.06) m, Gewicht: 34.7 (7.4) kg, SV: 1.8 (1.2) h) nahmen an den Untersuchungen teil. Die Slackline-Intervention lief über 6 Wochen und bestand aus einem 10-minütigen Training, welches 5-mal pro Woche stattfand. Das progressive Training beinhaltete Bewegungsaufgaben auf der Slackline wie beispielsweise ein- und beidbeiniger Stand, vorwärts und rückwärts gehen, drehen und Dual-Task-Aufgaben. Beide Gruppen wurden angehalten, ihr alltägliches Bewegungsverhalten beizubehalten. Vor und nach der Slackline-Intervention wurde die posturale Kontrolle und Sprungkraft gemessen mittels (a) 30 Sekunden statischen und dynamischen monopedalen Stand auf einer Kraftmessplatte (Aufzeichnung der Spurlänge des Kraftangriffspunktes (KAP)), (b) rückwärts Balancieren auf drei verschiedenen Balancierbalken (6 cm, 4.5 cm und 3 cm Breite), (c) möglichst langer Standzeit auf der Slackline (einbeinig und beidbeinig) und (d) Counter-Movement-Jump (CMJ). Resultate: Die Anwesenheit lag bei 27.4 (1.2) von 28 durchgeführten Trainings (2 Trainingseinheiten wurden abgesagt). Die Interaktion Gruppe x Zeit für jedes Bein (links und rechts) unter den verschiedenen Bedingungen (statisch und dynamisch) ergab für die Spurlänge des KAP (0.06 < p < 0.54) keine signifikanten Unterschiede. Ebenfalls zeigten sich keine signifikanten Unterschiede für das Balancieren rückwärts auf den drei Balancierbalken (0.08 < p < 0.77) und der Sprunghöhe im CMJ (p = 0.28). Im Gegensatz dazu zeigte sich ein höchst signifikanter Unterschied für die Interaktion Gruppe x Zeit der Standzeiten auf der Slackline (0.006 < p < 0.015) mit einer signifikanten Verbesserung der INT (beidbeinig: 5.1 (3.4) s zu 17.2 (14.4) s; rechtes Bein: 8.2 (5.8) s zu 38.3 (36.0) s; linkes Bein: 10.6 (15.6) s zu 49.0 (56.4) s). Die KON dagegen zeigte keine signifikanten Veränderungen. Schlussfolgerung: Ein tägliches Slackline-Training resultierte in einer grossen slacklinespezifischen Verbesserung der posturalen Kontrolle. Ein Transfer zu allgemeinen statischen und dynamischen monopedalen Gleichgewichtsaufgaben, dem rückwärts Balancieren oder der Sprungkraft konnte nicht beobachtet werden. Folglich sollten die positiven Auswirkungen in Bezug auf die allgemeinen neuromuskulären Anpassungen nicht überbewertet werden.