Effekte eines spezifischen Gleichgewichtstrainings auf die Haltungskontrolle und die Gangstabilität bei Senioren

Hintergrund: Stürze bilden ein hohes Gesundheitsrisiko für Senioren und sind mit erheblichen Gesundheitskosten sowie Einbussen der Lebensqualität assoziiert (Stevens et al., 2006). Um das altersbedingte Sturzrisiko zu minimieren, ist eine positive Beeinflussung der Sturzrisikofaktoren unerlässlich. In diesem Zusammenhang kommen besonders einfachen und komplexen Kraft- und Gleichgewichtsübungen eine hohe Bedeutung zu (Brown et al., 2011; Carter et al., 2001; Chuang et al., 2007). Eine besondere Form des quasi-dynamischen Gleichgewichtstrainings stellt das Slacklinetraining dar (Paoletti et al., 2012). Die vorliegende Studie untersucht die Effekte eines Slackline Trainings mit Senioren auf die statische und quasi-dynamische posturale Kontrolle sowie  auf den Gang. Es liegt bislang lediglich eine Untersuchung zu den Effekten im Bereich des Gleichgewichtes durch ein Slacklinetraining mit Senioren vor (Seeber et al., 2012).
Methodik: An der Studie nahmen 24 Senioren teil (INT n=12; CON n=12), (INT, 6 Männer, 6 Frauen, Alter: 62.6 (SD 6.0) Jahre, Gewicht: 74.3 (14.8) kg, Grösse: 1.71 (0.09) m, körperlicher Aktivitätslevel (PA): 8.4 (5.9) h/Wo; CON, 7 Männer, 5 Frauen, Alter: 61.6 (5.4) Jahre, Gewicht: 75.6 (14.6) kg, Grösse: 1.71 (0.09) m, PA: 9.9 (4.8) h/Wo.
Das Gleichgewichtstraining auf der Slackline fand während 6 Wochen jeweils 3 Mal 60 Minuten pro Woche statt und wurde von allen 12 Teilnehmern der INT besucht. Das Training bestand ausschliesslich aus Übungen auf der Slackline wie einbeiniger und beidbeiniger Stand sowie vorwärts- und rückwärtsgehen. Es wurden keine Dualtasks durchgeführt und die Schwierigkeit wurde gesteigert.
Vor und nach der Trainingsperiode wurden alle n=24 zum Sporttest eingeladen, bei welchem (a) die statische posturale Kontrolle (Gesamtspurlänge und medio-laterale Verschiebung des COP) mittels Einbein- und Tandemstand (30 s) auf der Gleichgewichtsplatte GKS eruiert, (b) eine Ganganalyse unter Single-, Dualtask- und Multitaskbedingungen (räumliche und zeitliche Gangparameter) durchgeführt und (c) die Standzeit auf der Slackline gemessen wurde (Einbein- und Tandemstand).
Ergebnisse: Für die Standzeit auf der Slackline im Tandemstand wurde ein Interaktionseffekt (Zeit x Gruppe) gefunden (F=4.4, p=0.048, ηp²=0.17). In den einbeinigen Standbedingungen konnten keine Interaktionseffekte gefunden werden (links: ηp²=0.16; rechts: ηp²=0.11). Die Effektstärken sind jedoch gross.
Die Untersuchung der statischen posturalen Kontrolle ergab für keine der Standbedingungen signifikante Haupteffekte (0.007 < p < 0.88). Ebenfalls konnten für keine der 8 gemessenen räumlich-zeitlichen Parameter der Ganganalyse unter Single,- Dual, und Triple-Task-Bedingung Interaktionseffekte gefunden werden (0.06 < p < 0.99). Für verschiedene Parameter konnten jedoch moderate Effektstärken (0.07 < ηp2 < 0.15) gefunden werden.
Schlussfolgerung: Ein 6-wöchiges Slacklinetraining führt bei Senioren lediglich zu aufgabenspezifischen Verbesserungen. Dennoch wurden hohe Interventionseffekte beobachtet, welche jedoch aufgrund der kleinen Teilnehmerzahl und der tiefen Power nicht statistisch abzusichern sind. Es braucht weitere Forschungsarbeiten zu diesem Thema, um den Nachweis zu erbringen, dass Slacklinetraining mit Senioren das Sturzrisiko im Alter reduzieren kann.
Schlagwörter: Stürze, Senioren, Balanciertraining, Slacklinetraining, statische und quasi-dynamische posturale Kontrolle, räumlich-zeitliche Ganganalyse