Sleptsova Schwander, Marina. Migranten im Gesundheitswesen der Schweiz. 2015, Doctoral Thesis, University of Basel, Faculty of Psychology.
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Official URL: http://edoc.unibas.ch/diss/DissB_11292
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Abstract
Migranten im Gesundheitswesen der Schweiz.
Marina Sleptsova Schwander, lic. phil. Psychologin FSP.
Januar, 2015
Zunehmende Migrationsströme führen weltweit zu multi-ethnischer Gesellschaften. Im Jahr 2013 gab es weltweit rund 232 Millionen Immigranten (WHO). In der Schweiz hatten 34.8% (Basel: 42%) der Wohnbevölkerung einen Migrationshintergrund. Dies stellt auch im Gesundheitssystem eine grosse Herausforderung dar. In der vorliegenden Arbeit werden zwei unterschiedliche Projekte aus diesem Themenbereich vorgestellt.
Chronische Schmerzen sind bei Immigranten in Europa häufiger als in der Bevölkerung des Gastlandes. In der vorliegenden Studie wurde im Rahmen einer randomisierten kontrollierten Intervention über eine Zeit von 4 Jahren an insgesamt 116 Patienten die Wirksamkeit eines standardisierten Therapieprogrammes an Migrantinnen und Migranten evaluiert. Die Ergebnisse zeigen keine Verbesserungen (SF 36, GHQ, PDI und Krankenkassenkosten) nach der Therapie. Dennoch berichteten die Patienten in halbstrukturierten Interviews, wie zufrieden sie mit der Therapie sind.
Ein Teil des Problems im Umgang mit Migranten ist ihre z.T. ungenügende Sprachkompetenz in der Sprache des Ziellandes. Daher war es naheliegend, sich im zweiten Projekt mit der Rolle des Dolmetschers im klinischen Gespräch auseinanderzusetzen. Eine Literaturübersicht zur Rolle des Dolmetschers im medizinischen Gespräch ergab, dass kein einheitliches Modell für die Rolle des Dolmetschers existiert. Die Wahrnehmung der Dolmetscherrolle durch medizinische Fachpersonen und Dolmetscher in der Kommunikation mit fremdsprachigen Patienten wurde mit einem auf Englisch validierten und von uns auf Deutsch übersetzten Fragebogen (Interpersonal Role Inventory, IPRI) gemessen. Insgesamt wurden 1005 Fragebögen ausgewertet. Die Analyse zeigt, dass sowohl Dolmetscher als auch medizinische Fachpersonen die Rolle des Dolmetschers überwiegend als eine neutrale Rolle definieren. Im nächsten Schritt wurde überprüft, in wieweit diese Rollenpräferenz in der Realität umgesetzt wird. Hierfür wurden insgesamt 19 gedolmetschte Konsultationen auf Video aufgenommen (865 Minuten), transkribiert, übersetzt und analysiert. Die Datenanalyse ergab erhebliche Mängel bei der Dolmetscherleistung. Zudem fiel auf, dass die Dolmetscher in den Konsultationen häufig eine aktive (und nicht neutrale) Rolle annehmen und ohne Rücksprache erklärend auftreten oder mit eigenen Äusserungen intervenieren. Diese Daten gewähren einen detaillierten und aufschlussreichen Einblick in die gedolmetschte Kommunikation in Spitälern. Es wird deutlich, dass die Erwartungen von Fachpersonen mit der Realität der Dolmetscher-Tätigkeit nicht übereinstimmen.
Aus beiden Studien lässt sich schlussfolgern, dass es in der Schweiz ein gewisses Verbesserungspotential im Bereich Dolmetschleistungen im Gesundheitswesen gibt. Die fehlende Effizienz der standardisierten Interventionsprogramme bei Migranten mit chronischen Schmerzen ist mit den vorliegenden Erkenntnissen schwer zu klären; hier besteht zunächst einmal Forschungsbedarf.
Marina Sleptsova Schwander, lic. phil. Psychologin FSP.
Januar, 2015
Zunehmende Migrationsströme führen weltweit zu multi-ethnischer Gesellschaften. Im Jahr 2013 gab es weltweit rund 232 Millionen Immigranten (WHO). In der Schweiz hatten 34.8% (Basel: 42%) der Wohnbevölkerung einen Migrationshintergrund. Dies stellt auch im Gesundheitssystem eine grosse Herausforderung dar. In der vorliegenden Arbeit werden zwei unterschiedliche Projekte aus diesem Themenbereich vorgestellt.
Chronische Schmerzen sind bei Immigranten in Europa häufiger als in der Bevölkerung des Gastlandes. In der vorliegenden Studie wurde im Rahmen einer randomisierten kontrollierten Intervention über eine Zeit von 4 Jahren an insgesamt 116 Patienten die Wirksamkeit eines standardisierten Therapieprogrammes an Migrantinnen und Migranten evaluiert. Die Ergebnisse zeigen keine Verbesserungen (SF 36, GHQ, PDI und Krankenkassenkosten) nach der Therapie. Dennoch berichteten die Patienten in halbstrukturierten Interviews, wie zufrieden sie mit der Therapie sind.
Ein Teil des Problems im Umgang mit Migranten ist ihre z.T. ungenügende Sprachkompetenz in der Sprache des Ziellandes. Daher war es naheliegend, sich im zweiten Projekt mit der Rolle des Dolmetschers im klinischen Gespräch auseinanderzusetzen. Eine Literaturübersicht zur Rolle des Dolmetschers im medizinischen Gespräch ergab, dass kein einheitliches Modell für die Rolle des Dolmetschers existiert. Die Wahrnehmung der Dolmetscherrolle durch medizinische Fachpersonen und Dolmetscher in der Kommunikation mit fremdsprachigen Patienten wurde mit einem auf Englisch validierten und von uns auf Deutsch übersetzten Fragebogen (Interpersonal Role Inventory, IPRI) gemessen. Insgesamt wurden 1005 Fragebögen ausgewertet. Die Analyse zeigt, dass sowohl Dolmetscher als auch medizinische Fachpersonen die Rolle des Dolmetschers überwiegend als eine neutrale Rolle definieren. Im nächsten Schritt wurde überprüft, in wieweit diese Rollenpräferenz in der Realität umgesetzt wird. Hierfür wurden insgesamt 19 gedolmetschte Konsultationen auf Video aufgenommen (865 Minuten), transkribiert, übersetzt und analysiert. Die Datenanalyse ergab erhebliche Mängel bei der Dolmetscherleistung. Zudem fiel auf, dass die Dolmetscher in den Konsultationen häufig eine aktive (und nicht neutrale) Rolle annehmen und ohne Rücksprache erklärend auftreten oder mit eigenen Äusserungen intervenieren. Diese Daten gewähren einen detaillierten und aufschlussreichen Einblick in die gedolmetschte Kommunikation in Spitälern. Es wird deutlich, dass die Erwartungen von Fachpersonen mit der Realität der Dolmetscher-Tätigkeit nicht übereinstimmen.
Aus beiden Studien lässt sich schlussfolgern, dass es in der Schweiz ein gewisses Verbesserungspotential im Bereich Dolmetschleistungen im Gesundheitswesen gibt. Die fehlende Effizienz der standardisierten Interventionsprogramme bei Migranten mit chronischen Schmerzen ist mit den vorliegenden Erkenntnissen schwer zu klären; hier besteht zunächst einmal Forschungsbedarf.
Advisors: | Langewitz, Wolf |
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Committee Members: | Gaab, Jens |
Faculties and Departments: | 03 Faculty of Medicine > Bereich Medizinische Fächer (Klinik) > Psychosomatik > Psychosomatik (Langewitz) 03 Faculty of Medicine > Departement Klinische Forschung > Bereich Medizinische Fächer (Klinik) > Psychosomatik > Psychosomatik (Langewitz) |
UniBasel Contributors: | Gaab, Jens |
Item Type: | Thesis |
Thesis Subtype: | Doctoral Thesis |
Thesis no: | 11292 |
Thesis status: | Complete |
Number of Pages: | 53 Bl. |
Language: | German |
Identification Number: |
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edoc DOI: | |
Last Modified: | 22 Jan 2018 15:52 |
Deposited On: | 14 Jul 2015 15:56 |
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