Die Wertebasis starker Nachhaltigkeit : eine Untersuchung der axiologischen Grundlagen des Greifswalder Ansatzes
Journal
Die Greifswalder Theorie starker Nachhaltigkeit : Ausbau, Anwendung und Kritik
Date Issued
2009-01-01
Author(s)
Abstract
Nachhaltigkeitstheorien beantworten die Fragen, weshalb wir zukünftigen Generationen etwas hinterlassen sollen und worin diese Hinterlassenschaft bestehen soll. Oder anders ausgedrückt: Was ist derart wertvoll, dass wir es unsere Nachkommen erhalten sollten (vgl. Dobson 1996, 407ff.; Barry 1999, 101)? Somit basieren Nachhaltigkeitstheorien wesentlich auf werttheoretischen, das heißt axiologischen Annahmen. Der Greifswalder Ansatz starker Nachhaltigkeit (im Folgenden: GA) zeichnet sich gegenüber anderen Ansätzen dadurch aus, dass sein axiologisches Fundament an verschiedenen Stellen im Theoriegerüst kenntlich gemacht wird. Allerdings dringen auch seine Verfasser, Konrad Ott und Ralf Döring, nicht bis zu einer Reflexion der vorausgesetzten axiologischen Annahmen vor. Dieses Desiderat nimmt der vorliegende Beitrag auf. Entsprechend versteht er sich als Analyse der axiologischen Grundlagen des GA. Das heißt, er untersucht, welcher Wertbegriff dem GA zugrunde liegt und wie dieser begründet werden kann. Ziel dieser axiologischen Analyse ist ein vertieftes Verständnis der Nachhaltigkeitsidee. Die vorligende Untersuchung ist dementsprechend von konzeptionell-theoretischem Interesse. Im Folgenden tauchen wir zunächst ab in die axiologischen Tiefen des GA, um anschließend mit den auf dieser grundlegenden Reflexionsebene gewonnenen Ergebnissen erneut an die Nachhaltigkeitstheorie heranzutreten und die konzeptionellen Konsequenzen für den GA zu erörtern. Um diesen Weg zu gehen, werde ich zunächst darlegen müssen, inwiefern der GA auf einem axiologischen Fundament beruht (Abschnitt 2). Es gilt zu zeigen, dass ‚Wert‘ einen Grundbegriff von ‚Nachhaltigkeit‘ darstellt. Anschließend untersuche ich, welche Form von Werten der GA implizit voraussetzt, worin ihr Geltungsanspruch besteht und was die Form ihres Bestehens ist (Abschnitt 3). Die Analyse der axiologischen Grundlagen des GA wird aufweisen, dass dieser universell gültige Werturteile voraussetzt und auf einem relationalen Wertbegriff basiert. Solche Werturteile können im Rahmen des GA anhand eines Konzepts der menschlichen Lebensform begründet werden. In Abschnitt 4 schließlich tauchen wir wieder zur Ebene der Nachhaltigkeitstheorie auf und beziehen die Ergebnisse der vorangegangenen Wertreflexion auf den GA. Es wird sich zeigen, dass der GA der Idee nach nicht nur auf einer Theorie distributiver Gerechtigkeit fußt, sondern ebenso eine Güterlehre sowie eine Theorie politischer Gerechtigkeit zur Grundlage hat.