Pränatale Diagnostik hereditärer Tumoren: Die ethische Kontroverse am Beispiel des BRCA1-Gens

Eine Umfrage des Instituts für Rechtsmedizin in Genf hat ergeben, dass bereits europaweit Anfragen nach pränataler Diagnostik von Gen-Mutationen vorliegen, die in einen Zusammenhang mit der Verursachung von hereditären Tumoren gebracht werden. Dies gilt auch für den hereditären Brust- und Ovarialkrebs (HBOC) in Verbindung mit dem BRCA1-Gen. Unter den betroffenen Genetikern besteht weitgehende Unsicherheit, wie auf diese Anfragen reagiert werden soll. Die Meinungen über die ethische Zulässigkeit dieser Pränataltests gehen auseinander. An einem fiktiven Fall einer Inanspruchnahme pränataler BRCA1-Gendiagnostik sollen einige generelle ethische und juristische Aspekte der pränatalen Diagnostik bei genetischer Krebsdisposition erörtert werden. Ausschlaggebend für die Auswahl des Fallbeispiels dafür waren folgende Gründe: BRCA1-Mutationen sind relativ häufig (ca. 0.3% aller Frauen). Die Erkrankung ist ein klassisches Beispiel für die ethische Problematik, ob Pränataldiagnosen vertretbar sein können, die sich erst im Erwachsenenalter manifestieren und keine hundertprozentige Penetranz aufweisen. Die ethische Diskussion wird exemplarisch entlang der möglichen Konsequenzen eines BRCA1-Gentests erörtert. Hierzu bisher veröffentlichte Ergebnisse werden im Zusammenhang mit den psychologischen Problemen dargestellt. Um den aktuellen Kontext der ethischen Argumente deutlich machen, berichten wir ausserdem über die Praxis von Pränataltests bei hereditären Tumoren in Europa und die uns zugänglichen Einstellungen von Genetikern.