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Die Laufentaler Bewegung in der Laufentalfrage 1978-1993: Organisation und Selbstverständnis

Gisin, Thomas. Die Laufentaler Bewegung in der Laufentalfrage 1978-1993: Organisation und Selbstverständnis. 2012, Master Thesis, University of Basel, Faculty of Humanities and Social Sciences.

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Official URL: https://edoc.unibas.ch/60134/

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Abstract

Die Lizentiatsarbeit untersucht Organisationsstruktur, Protestformen und Selbstverständnis der pro-baselbieter «Laufentaler Bewegung», welche wesentlich zum 1993 vollzogenen Kantonswechsel des seit 1815 zum Kanton Bern gehörenden Laufentals zum Kanton Basel-Landschaft beitrug. Obwohl das Laufental nur ein kleiner, mehrheitlich katholischer Bezirk mit rund 15000 Einwohnern war, stellt der Kantonswechsel des Laufentals neben der Gründung des Kantons Jura einen einmaligen Fall in der neueren Schweizer Geschichte betreffend Gebietsveränderung innerhalb der Schweiz dar. Im Gegensatz zur Jurafrage ist die Laufentalfrage jedoch noch wenig erforscht. Diese Forschungslücke versucht die Arbeit anhand des Beispiels der Laufentaler Bewegung zu schliessen.Die Laufentalfrage hat ihren Ursprung in der Gründung des Kantons Jura. Von 1978 bis 1993 fand in der Laufentaler Bevölkerung eine teilweise heftige Auseinandersetzung über die Kantonszugehörigkeit des Laufentals statt. Mit dem Beitritt des Kantons Jura zur Eidgenossenschaft am 1.1.1979 wurde das Laufental zu einer bernischen Exklave. Nach einer Abstimmungskaskade und Aufnahmeverhandlungen mit dem Kanton Basel-Landschaft entschieden sich die Stimmberechtigten am 11. September 1983 gegen den Beitritt zum Kanton Basel-Landschaft. Das Laufental blieb somit beim Kanton Bern. 1984 gründeten Probaselbieter die Laufentaler Bewegung (LB), die als sich Vereinigung weiterhin für den Anschluss des Laufentals an den Kanton Basel-Landschaft einsetzte.Die vorliegende Arbeit erforscht die Organisation und das Selbstverständnis der Laufentaler Bewegung:Welche Vorstellungen über Heimat und Zugehörigkeit hatten die Mitglieder der LB? Welche Vorstellungen und Erwartungen wurden dadurch an den Kanton Bern und den Kanton Basel-Landschaft gestellt?Wie war die Laufentaler Bewegung organisiert? Was sagt die Art der Organisationsstruktur über das Selbstverständnis der LB aus?Wie gross war der Rückhalt der LB in der Bevölkerung? Wie viele Mitglieder hatte die LB?Es wird auch die Frage nach dem Alter der Mitglieder der Jugendsektion (JKL) zu stellen sein.Bei der Beantwortung dieser Fragen kommen sowohl Textanalyse als auch Oral History zur Anwendung: Neben Propagandaschriften werden auch Propagandaveranstaltungen, Aktionen und Reden sowie eine Tonbildschau der LB analysiert. Die Reden stammen hauptsächlich von Heinz Aebi. Er hielt diese an Laufentaler Tagen, an Delegiertenversammlungen und bei Anlässen der südjurassischen Organisationen (Rassemblement jurassien und Unité jurassienne). Die Reden Aebis sind in Manuskripten im Staatsarchiv Basel-Landschaft vorhanden.Die Quellenlage zur Laufentaler Bewegung ist zwar insgesamt äusserst vielfältig, in manchen Bereichen jedoch sehr lückenhaft. Unterdessen sind die Quellen gut im Archiv zugänglich. Das Staatsarchiv Basel-Landschaft verfügt seit 2003 über einen grossen Bestand an Unterlagen zur Laufentaler Bewegung. Diese stammen von Vorstandsmitgliedern der LB, hauptsächlich vom Präsidenten Heinz Aebi, der Sekretärin Margot Buri und dem Kassier Josef Marquis. Es handelt sich vor allem um Unterlagen des Dachverbandes: Akten zur Vereinsgründung, Kurzprotokolle des Vorstands sowie Protokolle zu Delegiertenversammlungen und zum Rechnungswesen sind dabei vollständig vorhanden. Zu den Vollversammlungen existieren vor allen Einladungen und nur vereinzelte Protokolle.Reichlich vorhanden ist Propagandamaterial aus dem Zeitraum 1984 bis 1994. Nur wenige Unterlagen sind zu den Sektionen selbst vorhanden. Nur die Akten zur Ortssektion Blauen sind vollständig. Zudem existieren im Staatsarchiv Basel-Landschaft nur wenige Unterlagen zur Jugendsektion. Diese Überlieferungslücke konnte zum Teil geschlossen werden, indem für diese Arbeit Unterlagen des ehemaligen Präsidenten Alexander Imhof benutzt werden konnten. Dies waren vor allem Flugblätter und Adresslisten. Allerdings existiert hier nur eine vollständige Namenliste der Aktiv-Mitglieder aus dem Jahr 1989. Ausser Namensangaben waren auf der Liste auch die Geburtsjahrgänge der Mitglieder aufgeführt. Dies war für eine Altersbestimmung der jugendlichen aktiven JKL-Mitglieder nützlich.Für die Analyse der Mitgliederzahlen werden Mitgliederlisten und Beitragslisten der Ortssektionen an den Dachverband herangezogen: Hier ist die Quellenlage ebenfalls lückenhaft. Diesbezüglich fehlen insbesondere bei den meisten Ortssektionen Unterlagen zu den Jahren 1985 und 1994. Für die Analyse von 1990 bis 1994 standen nur die (unvollständigen) Unterlagen des Dachverbands zur Verfügung. Mitgliederlisten der Jugendsektion JKL sind im Staatsarchiv Basel-Landschaft nur zu den Jahren 1984 und teilweise 1985 vorhanden. Die Resultate der Auswertung dieser Quellen können somit nur Tendenzen darstellen.Weil die Quellenlage zu den einzelnen Sektionen sehr dürftig ist, musste vor allem das offizielle Publikationsorgan der Laufentaler Bewegung, Dr Laufetaler, zur Analyse herangezogen werden. Die Zeitung erschien von 1984 bis 1992. Der Präsident der Laufentaler Bewegung, Heinz Aebi, schrieb in den 1980er Jahren regelmässig Artikel für Dr Laufetaler und zeichnete auch für den Inhalt verantwortlich. Dr Laufetaler hatte für die LB eine grosse Bedeutung als Kommunikationsmittel und Propaganda-Instrument. Bei der Analyse der einzelnen Zeitungsartikel kann einerseits die Geschichte der LB nachvollzogen und andererseits das Selbstverständnis der Bewegung analysiert werden. Dr Laufetaler wurde an alle Laufentaler Haushalte verteilt und erreichte 1989 eine Auflage von 6800 Exemplaren. Die Zeitung bildet somit eine zentrale Quelle für diese Arbeit. Alle Ausgaben der Zeitung sind im Staatsarchiv Basel-Landschaft vorhanden.Als zweite Hauptquelle verwendet der Autor Interviews, die er mit vier Exponenten der Laufentaler Bewegung führte. Die Interviews sollen subjektive Einblicke in die Geschichte der LB bieten. Die Interviewfragen wurden im Sinne von Leitfragen gestellt, die Gesprächspartner konnten frei erzählen.Als Gesprächspartner wurden folgende vier Exponenten der LB ausgewählt:Heinz Aebi (Jahrgang 1950) wuchs in Twann am Bielersee auf und kam 1973 als junger Lehrer nach Nenzlingen. Er war von 1984 bis 1994 Präsident der LB, bis 1985 Lehrer in Nenzlingen und von 1978 bis 1985 Gemeindepräsident. Von 1986 bis zum Kantonswechsel 1994 war Aebi Vizepräsident des Laufentaler Bezirksrats. 1990 wurde er Mitglied des Berner Grossen Rates (SP). Nach dem Beitritt des Laufentals zum Kanton Basel-Landschaft war er SP-Landrat und nochmals Gemeindepräsident von Nenzlingen.Jacques Gubler, Dr. iur., ist 1922 geboren und in Laufen aufgewachsen. Jacques Gubler war von 1960 bis 1975 Gerichtspräsident und Regierungsstatthalter in Laufen und ab 1976 Oberrichter.Rudolf Imhof (Jahrgang 1940), aufgewachsen in Zwingen, von 1986 bis 1994 präsidierte er den Laufentaler Bezirksrat. Von 1995 bis 2003 war Imhof CVP-Nationalrat.Alexander Imhof (Jahrgang 1964) ist der Sohn von Rudolf Imhof und war der erste Präsident der Jugendsektion Junge Kraft Laufental (JKL).Die vorliegende Arbeit gliedert sich in drei Teile, die aufeinander aufbauen: In einem ersten Teil werden der historische und politische Kontext der Laufentalfrage erläutert und Forschungsthesen zu den Beschlüssen des Wiener Kongresses vorgestellt. Neben der Vorgeschichte der Laufentaler Bewegung geht es in einem zweiten Teil um die Entstehungsgeschichte und um die Organisation der Bewegung. Sie formierte sich nach der Abstimmungsniederlage der Pro-Baselbieter 1983 und protestierte seit Bekanntwerden der Berner Finanzaffäre gegen die einseitige finanzielle Unterstützung der Berner Regierung an das Pro-Berner Abstimmungskommitee. Die Organisation des LB bestand in örtlichen Vereinen, die unter einem Dachverband zusammengefasst wurden. 1989 hatte die LB rund 600 zahlende Mitglieder. Die eigenständige Jugendsektion umfasste rund 40 Mitglieder, die mehrheitlich noch nicht stimmberechtigt waren. Ausgehend vom Konzept einer territorialen Identität wird im dritten Teil das Selbstverständnis der Laufentaler Bewegung genauer untersucht. Hier wird auch die Propaganda zur Abstimmungskampagne von 1989 analysiert, um Rückschlüsse auf das Selbstverständnis der LB zu erhalten. Bei der Analyse der Propaganda zur Abstimmung von 1989 wird vorwiegend auf Aspekte der historischen Argumentation eingegangen, welche in Zusammenhang mit den Beschlüssen des Wiener Kongresses steht. Die Anhänger des LB sahen sich als Laufentaler im Kanton Bern als Minderheit und Aussenseiter, die sich im Alltag und in ihrer Sprache stärker der Region Basel zugehörig fühlten als dem Kanton Bern. Mit der Berner Finanzaffäre und der Abstimmungsniederlage von 1983 erfuhr diese Einstellung eine enorme Verstärkung. Der Protest gegen die Verletzung der politischen Selbstbestimmung wurde immer grösser, wobei die LB bewusst die Erinnerung an die Zugehörigkeit des Laufentals zum Fürstbistum Basel stark betonte. Die Arbeit zeigt auch die Einbettung dieser Einstellungen in die geselligen Anlässe der LB, vor allem in die regelmässige Feier des «Laufentaler Tages» zur Erinnerung an die verlorene Abstimmung 1983.Diese Untersuchung behandelt den Kulturkampf im Laufental nur am Rande. Die Quellenlage für eine vertiefte Untersuchung der in der Abstimmungskampagne von 1989 verwendeten Argumente zum Thema Kulturkampf ist ungenügend. Auch der Einfluss und die Zusammenarbeit der LB mit südjurassischen Organisationen können in der vorliegenden Arbeit nur angedeutet werden.
Advisors:Mooser, Josef
Faculties and Departments:04 Faculty of Humanities and Social Sciences > Departement Geschichte > Ehemalige Einheiten Geschichte > Neuere Allgemeine Geschichte (Mooser)
UniBasel Contributors:Mooser, Josef
Item Type:Thesis
Thesis Subtype:Master Thesis
Thesis no:UNSPECIFIED
Thesis status:Complete
Last Modified:05 Apr 2018 17:37
Deposited On:06 Feb 2018 11:24

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