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“carrots and these vegetables do no good to a workman when he has no meat to go with them” - Die soziale Realität einer Crofting Community in den Schottischen Highlands im Gespräch mit der Napier Commission 1883

Barandun, Madleina. “carrots and these vegetables do no good to a workman when he has no meat to go with them” - Die soziale Realität einer Crofting Community in den Schottischen Highlands im Gespräch mit der Napier Commission 1883. 2007, Master Thesis, University of Basel, Faculty of Humanities and Social Sciences.

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Official URL: https://edoc.unibas.ch/59925/

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Abstract

Im Rahmen meiner Lizenziatsarbeit habe ich mich mit der sozialen Realität einer kleinen schottischen Inselgemeinschaft (Crofter Community), die im Spannungsfeld verschiedener ökonomischer, ökologischer und sozialer Umwälzungsprozesse des späten 19. Jahrhunderts steht, befasst. Als Hauptquellen dienten mir dabei Protokolle von Gesprächen zwischen einer britischen Expertenkommission und verschiedenen Bewohnern von Raasay, der von mir genauer betrachteten Insel. Diese umfassenden Umfragen erlauben einen einmaligen Einblick in die damaligen Verhältnisse, wenngleich die Stimmen der Ärmsten der Bevölkerung ausgeklammert werden. Im Bestreben, die Geschichte der Dorfbewohner aus ihrer Sichtweise zu erfassen, konzentrierte ich mich vornehmlich auf ihre eigenen Aussagen, welche ich mittels verschiedener Lesestrategien untersuchte. So fragte ich nach den diskursiven Strategien, durch welche sich die soziale Realität der Crofting Community von Raasay mitteilt. Weiter wurden auch Fremd- und Selbstbilder, die im Zusammenhang mit dieser Gemeinschaft stehen, thematisiert. Indem ich mich auf das komplexe Beziehungsgeflecht konzentriere, in welchem sich die Crofters befinden, ging ich zudem auf die Organisation ihres Zusammenlebens ein. Das Gebiet der schottischen Highlands und Islands ist im 18. und 19. Jahrhundert mehrschichtigen Wandlungsprozessen ausgesetzt, welche die Lebensumstände der Bevölkerung innerhalb kurzer Zeit vollständig umgestalten und unter anderem zur Bildung der Crofter Community führten. Innerhalb weniger Generationen werden jahrhundertealte hierarchische Strukturen aufgebrochen, indem das Clansystem von einem sich in vermehrtem Masse an den kapitalistischen Vorgaben der Zeit orientierenden Landbesitzertum abgelöst wird. Der Zusammenbruch dieser Gesellschaftsform resultiert in einer Auflösung sozialer, wirtschaftlicher und politischer Beziehungen. Wie in anderen Gebieten wird die Nutzungsweise des Bodens vermehrt an die Bedürfnisse der wachsenden Industriegesellschaft angepasst. Die traditionellen kollektiven Organisationsformen der Landwirtschaft werden abgelöst von der Verpachtung kleiner Parzellen, der Crofts. Diese liegen, im Falle vom untersuchten Gebiet, in Küstennähe, bestehen aus kargem Land, und werden von Kleinbauern bewirtschaftet. Die fruchtbaren Landstriche in Inselmitte werden zusammengelegt und an Grossgrundbesitzer verpachtet, welche im Zuge der Agrarmodernisierung grosse Vieh- und Schafherden anschaffen. Die Umsiedlung der Klein und Kleinstpächter (Crofters) an küstennahe Gebiete geschieht zudem im Bestreben, für die Kelp-Produktion (industrielle Herstellung eines alkalihaltigen Extraktes, der durch das Verbrennen von Seetang entsteht und als Seifenersatz gebraucht wird) billige Arbeitskräfte zur Verfügung zu stellen. Übernutzung des Bodens aufgrund der Überbevölkerung (trotz Abwanderung vieler Bauern) führt zu Armut und, da die Grossgrundbesitzer auf die Pachtzinse angewiesen sind, zum Ruin vieler Landlords. Bis 1860 sind sämtliche einst einflussreichen Highland-Familien verschwunden, ihre Grossgrundbesitze in den Händen von aufstrebenden Unternehmern aus England zurücklassend. Die durch die ständige Erhöhung der Pachtzinse und Verlust der ursprünglichen Sömmerungsgebiete für ihr Vieh zermürbten Crofters beginnen in den 1870er Jahren zusehends, mittels Aufständen und Streiks sich den Forderungen ihrer Landlords zu widersetzen. Dabei finden sie in ganz Schottland Sympathisanten und werden auch politisch aktiv. Die genannten Folgen der Transformationsprozesse werden von der Regierung in Westminster als so gravierend empfunden, dass sie verschiedene Untersuchungskommissionen mit der Aufgabe betreuen, eine möglichst genaue Aufnahme der Problemfelder zu machen. So wird im Jahre 1883 eine „Royal Commission of Inquiry“, ein sechsköpfiger Ausschuss unter der Leitung von Lord Napier auf Erkundungsfahrt in die westlichen Highlands und Islands gesandt, in ein Gebiet, in welchem die Nöte besonders gross scheinen. Die Mitglieder der Kommission, Landbesitzer und Intellektuelle, vertreten verschiedene Interessensgebiete. Wenngleich sie mehrheitlich eine Verbesserung der Situation der Bevölkerung anstreben, bewegen sich ihre Aussagen im Denkhorizont der liberalen Landbesitzerschicht. So scheint ihnen die Auswanderung einer Mehrheit der Inselbewohner die Lösung aller Probleme zu sein. Die Kommission stellt fest, dass die Crofting Community von Raasay mit knappen Ressourcen zurechtkommen muss, und darauf angewiesen ist, sich mit Nebenerwerbstätigkeiten über Wasser zu halten. Zu klein sind ihre Pachtgüter, zu hoch die Zinsen und zudem werden die von der Crofting Community durchgeführten agrarischen Verbesserungsmassnahmen unzureichend vergütet. Die Vorschläge der Crofting Community, welche in der Beseitigung von administrativen Hürden eine längerfristige Stabilisierung der Lage anstrebt, werden vom Untersuchungsausschuss nur punktuell verfolgt. Die Bestrebungen der Regierung und der Kommission liegen in einer kurzfristigen Beruhigung der Situation mit möglichst geringem finanziellem Aufwand. Wie stellt sich nun die Crofting Community in den Quellen dar, welche Themenfelder erscheinen zentral zu sein und wie werden sie artikuliert? Zwölf Menschen aus Raasay erscheinen vor der Untersuchungskommission. In der Regel ähneln sich die einzelnen Gespräche, die einem standardisierten Ablauf folgen, es kommt aber immer wieder auch zu spontanen Fragen und Aussagen. Mehrheitlich drehen sich die Gespräche um den Zustand des Bodens, um die Besitzverhältnisse, um die Vertreibung der Crofters von ihrem Land. Bei der Analyse des Gesprächsverhaltens der Crofter fällt auf, dass sie durchaus, wie die Kommissionsmitglieder auch, als aktive Mitgestalter des Gespräches fungieren, indem sie den oft suggestiv gestellten Fragen ausweichen oder eigene Themenfelder anschneiden. Die Crofters, welche als Individuen mit Einzelschicksalen in Erscheinung treten, bemühen sich, ihre eigenen Positionen darzubringen. Es wird deutlich, dass die Community im Gespräch mit der Kommission nicht als homogene Einheit auftritt, sondern unterschiedliche Interessen vertritt und verschiedene Lösungsansätze vorbringt. In Bezug auf die weiblichen Mitglieder der Community, die ich in meiner Arbeit im Besonderen betrachtete, kann gesagt werden, dass diese ausschliesslich als passive Nebenakteure ins Blickfeld geraten. Die Erwähnung von Frauen geschieht oft im Zusammenhang mit Krankheit oder auch in Aussagen, in welchen die Schwierigkeiten der Arbeits- und Lebenssituation unterstrichen wird.
Advisors:Schaffner, Martin
Faculties and Departments:04 Faculty of Humanities and Social Sciences > Departement Geschichte > Ehemalige Einheiten Geschichte > Historisches Seminar
UniBasel Contributors:Schaffner, Martin
Item Type:Thesis
Thesis Subtype:Master Thesis
Thesis no:UNSPECIFIED
Thesis status:Complete
Last Modified:05 Apr 2018 17:36
Deposited On:06 Feb 2018 11:23

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