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Nachhilfe. Eine empirische Studie zum Nachhilfeunterricht in der deutschsprachigen Schweiz

Grunder, Hans-Ulrich and Gross, Nerina and Jäggi, Annina and Kunz, Marianne. (2013) Nachhilfe. Eine empirische Studie zum Nachhilfeunterricht in der deutschsprachigen Schweiz. Klinkhardt Forschung. Bad Heilbrunn.

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Official URL: http://edoc.unibas.ch/48521/

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Abstract

Unter Nachhilfe wird gelegentlich "der (…) ausserhalb des regulären Schulunterrichts und zusätzlich zu ihm stattfindende, mehr oder weniger regelmässige und häufig vorübergehende private Einzel- (oder Gruppen-) -unterricht durch Lehrer, Studenten, Schüler oder Laien zum Zwecke einer dem Schulunterricht nachfolgenden Erfolgssicherung in bestimmten Unterrichtsfächern“ (Krüger 1977, S. 545) verstanden. Zu unterscheiden ist zwischen 'privater' und 'institutioneller' Nachhilfe. Im privaten Nachhilfeunterricht wird zwischen entgeltlicher und unentgeltlicher Unterstützung unterschieden. In den unentgeltlichen Nachhilfeunterricht fällt vor allem Unterstützung durch Verwandte und Bekannte, während entgeltlicher Nachhilfeunterricht vorwiegend von nicht Verwandten (Privat-) Personen ausgeübt wird. Im Unterschied dazu sind institutionelle Nachhilfeinstitute gewerblich angemeldete und wirtschaftlich ausgerichtete Unternehmen,  – meist tätig in eigenen Räumlichkeiten, teilweise verbunden mit Hausaufgabenhilfe und speziellen Förderkursen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Nachhilfe im familiären, privaten oder kommerziellen Rahmen, außerhalb der Schule und ergänzend zum Unterricht, meist regelmäßig und vorübergehend stattfindet und die schulische Leistungssteigerung zum Ziel hat. In der Regel muss diese zusätzliche Unterstützung bezahlt werden. Das Forschungsfeld Nachhilfe oder ‚Supplementary Education „steckt national wie auch international noch in den Kinderschuhen“ (Bray 2010, zit. in Koinzer 2011, S. 43). Auf Umwegen gelangt man zu Schätzungen über die Verbreitung von Nachhilfeunterricht. Aus den bisherigen Befragungsergebnissen lassen sich „letztlich keine eindeutigen Schlussfolgerungen“ (ebda., S. 43) hinsichtlich der Nachhaltigkeit von Nachhilfe ableiten. Schulpädagogisch betrachtet sind mit dem Phänomen Nachhilfe mehrere Perspektiven verbunden, die „deutlich als schulkritische Bemerkungen“ (ebda., S. 43) einzustufen sind. So lässt sich Nachhilfe eine Entlastungsfunktion zuschreiben, welche Schulen vom ‚Zwang der Entwicklung‘ befreie. Formal leistet sie dies, was in den Kontext formaler Bildung gehört und was v.a. mit der Notwendigkeit, nachhaltige Fördersysteme zu etablieren, verbunden ist. Nachhilfe übernimmt einen „nicht unwesentlichen Teil des gesellschaftlichen Auftrags von Schule, ja unterminiert deren gesellschaftliche Funktionen“ (ebda., S. 43). Sie deckt „einen Gutteil der Ausbildungs- und Qualifizierungsfunktion von Schule, korrumpiert deren Selektions- und Allokationsfunktion und destabilisiert die Legitimations- und Integrationsfunktion von Schule“ (ebda., S. 43). Nachhilfeunterricht wird tabuisiert (Giessing 2011). Er findet „noch immer weitgehend im Verborgenen statt“ (ebda., S. 50). Das Klischee des überwiegend leistungsschwachen Nachhilfeschülers, der um seine Versetzung bangen muss und dank Nachhilfe drohendes Sitzenbleiben vermeidet, lebt fort. Die wenigsten Fachlehrer wissen um Nachhilfelektionen bei ihren Schülerinnen und Schülern, was einer gezielten „Verheimlichung“ (ebda., S. 56) gleichkommt. Ein empirisches Defizit ist hinsichtlich der Fragen nach der Verbreitung – also den Bedingungen für die Nutzung von Nachhilfeunterricht –, nach den Wirkungen von Nachhilfe hinsichtlich schulischer Leistungen sowie nach den Beziehungsaspekten zwischen Nachhilfeschüler/in und Nachhilfelehrer/in – also den unterrichtlich-zwischenmenschlichen Prozessen während des Nachhilfeunterrichts – erkennbar. Diese Studie zielt darauf ab, einerseits bildungspolitische und anderseits schulpädagogische Fragen zu klären. Bildungspolitisch stehen Fragen zur öffentlichen Schule, zum schulischen Lernen, zu ausserschulischen Angeboten und zum Einzelunterricht im Zentrum. Schulpädagogische Fragen betreffen insbesondere neue Lehrpläne, den Erwerb von Fachwissen, schulischen Unterricht und die Debatte um eine 'pädagogisch orientierte Leistungsschule' sowie den 'Funktionsverlust von Schule'. Ihre Ergebnisse erlauben - mit Blick auf die deutschsprachige Schweiz – Aussagen über Verbreitung und Wirkung von Nachhilfeunterricht sowie über die Beziehungsaspekte im Nachhilfeunterricht. Aufgrund der hier präsentierten Daten lässt sich ein öffentlich-diskursrelevantes Defizit verringern, weil die Erhebung zur 'Wirklichkeit des Nachhilfeunterrichts' den bisherigen Kontroversen um Sinn und Zweck, Verbreitung und Wirkung von Nachhilfeunterricht eine feste Basis schafft. Weiter lassen sich Hinweise auf Lücken ableiten zwischen fachdidaktischen/lehr-lehrtheoretischen Diskussionen und pädagogischen Praxen, etwa hinsichtlich des Verhältnisses von Nachhilfeunterricht und der Position der öffentlichen Schule.
Faculties and Departments:08 Cross-disciplinary Subjects > Institut für Bildungswissenschaften > Fachbereich Pädagogik
UniBasel Contributors:Grunder, Hans-Ulrich
Item Type:Book
Book Subtype:Authored Book
Publisher:Julius Klinkhardt
ISBN:978-3-7815-1932-9
Number of Pages:198
Note:Publication type according to Uni Basel Research Database: Authored book
Last Modified:22 Mar 2017 14:59
Deposited On:22 Mar 2017 14:59

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