edoc

Zur Strafwürdigkeit automatisierter Verhaltensweisen

Grischa, Merkel. (2008) Zur Strafwürdigkeit automatisierter Verhaltensweisen. Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft, 119 (2). pp. 214-249.

Full text not available from this repository.

Official URL: http://edoc.unibas.ch/51558/

Downloads: Statistics Overview

Abstract

In der Literatur gilt die Strafwürdigkeit automatisierter Verhaltensweisen weiterhin als nicht abschließend geklärt. Obwohl sich nur Wenige dezidiert schon gegen die Handlungsqualität von Automatismen aussprechen, scheint der Mehrheit jedenfalls bewusst, dass die Bejahung des Handlungsmerkmals in den entsprechenden Fällen eine gewisse Dissonanz mit den überkommenen Handlungslehren des Strafrechts erzeugt. Dabei ist die Schwierigkeit einer Zuordnung der automatisierten Verhaltensweisen offenbar eine zweifache: Einerseits können sie sich, wie die Reflexe, die gemeinhin als sog. Nichthandlungen angesehen werden, in einer motorisch einfachen Reizantwort erschöpfen; sie können aber auch als komplexe Reaktionen auf unspezifische situative Ereignisse erfolgen, so dass ganz unterschiedliche Bewegungsabläufe möglich sind. Daher sind sie äußerlich von den für das Selbstbild des Menschen typischen „Wahlentscheidungen“ schwer abzugrenzen. Auf der anderen Seite widersetzen sie sich einer Einordnung in den Handlungsbegriff, da diese Bewegungen zwar im Wachzustand, aber, jedenfalls in den strafrechtlich relevanten Fällen, zumeist als unmittelbare Reaktion auf ein unvorhersehbares Ereignis derart spontan erfolgen, dass der jeweiligen Person keine Zeit zu einer überlegten Handlung bleibt und sie „einfach nur reagiert“. Dies sei, so wird gesagt, darauf zurückzuführen, dass ein vormals erlernter Vorgang nunmehr lediglich auf einen Reiz hin „abgerufen“ wird. Die mehrheitlich vertretenen Handlungsbegriffe setzen dagegen eine bewusst kontrollierte Steuerung bei strafrechtlich relevanten Bewegungen voraus. Eben dieses Merkmal scheint den automatisierten Verhaltensweisen aber gerade zu fehlen – daher deren Bezeichnung als „automatisiert“. Auch nach der Rechtsprechung soll eine Handlung jedenfalls dann nicht vorliegen, wenn der „natürliche Wille“, die „Beherrschbarkeit durch den Willen“, die „Willensbetätigung“, der „Willensakt“ oder „Willensentschluß“ nicht festgestellt werden kann; gleichwohl bejaht sie heute ebenfalls die Strafwürdigkeit automatisierter Verhaltensweisen. Im Folgenden soll der Versuch unternommen werden, die bisher geläufigen Erwägungen zu den automatisierten Verhaltensweisen anhand vergleichender Fallbeispiele aus dem Straßenverkehr um einige neue Überlegungen zu erweitern und fortzuführen. Deren Ziel ist es, die Grundgedanken für einen dogmatisch befriedigenden Lösungsvorschlag zum strafrechtlichen Umgang mit Automatismen zu skizzieren.
Faculties and Departments:02 Faculty of Law > Departement Rechtswissenschaften > Ehemalige Einheiten Rechtswissenschaften > Assistenzprofessur Ethik und Recht (Merkel)
UniBasel Contributors:Merkel, Grischa
Item Type:Article, refereed
Article Subtype:Research Article
Publisher:De Gruyter
ISSN:0084-5310
e-ISSN:1612-703X
Note:Publication type according to Uni Basel Research Database: Journal article
Identification Number:
Last Modified:08 Dec 2021 10:38
Deposited On:08 Dec 2021 10:38

Repository Staff Only: item control page